Weiblichkeit und Frau sein

Ich war die letzten Tag krank und hatte so viel Zeit für mich – mich mal wieder mit mir selbst auseinanderzusetzen und mich meinem Innern zu stellen. Unter anderem habe ich mich mit Robert Betz auseinander gesetzt und bei all dem ganz viele Inspirationen erhalten, welche ich hier mit euch teilen möchte.

Immer mehr begegnen mir in den sozialen Medien „before and after“-Bilder. Oft geht es dabei darum zu zeigen, wie viel man an Gewicht verloren hat oder wie straff und trainiert der Körper nun ist. Ich finde immer noch jeder sollte so sein, wie er sich wohl fühlt. Durch Robert Betz wurde ich darauf aufmerksam, was für ein Frauenbild im Moment als „normal“ angeschaut wird. Im Moment herrscht die männliche Energie, dabei wird die weibliche, sanfte und zulassende als schwach angeschaut. Wir haben vergessen, was für eine Kraft in ihr steckt und was für ein Potential sich aus ihr entfalten kann.
Uns wird schon als Kind beigebracht, dass wir es nur zu was bringen, wenn wir viel arbeiten und Durchhaltevermögen zeigen. Denn wer nichts tut, wird bestimmt auch nichts bekommen. Wir lernen, dass wird durch „viel machen“ Bestätigung erhalten. Wir sind also voll in der männlichen Kämpfer-Energie. Dabei geht es mir nicht darum, diese Energie als schlecht abzutun. Letztlich benötigen wir sowohl das Weibliche wie auch das Männliche in uns, um ganz zu sein. Erschreckend finde ich, dass Frauen ihre Kurven und das weiche Äussere ihrer Weiblichkeit mit hartem Training und viel Mühe wegmachen. Aber man möchte ja trotzdem noch biologisch gesehen als Frau betrachtet werden, also werden Brüste und Po operiert.

Ich verstehe warum Menschen sowas tun, aber wo führt das hin?

Haben wir Angst unsere Weichheit und Verletzlichkeit zu zeigen? So scheinen wir wenigstens gegen aussen selbstbewusst, stark und unbesiegbar. Aber wie sieht es in uns drin aus? Irgendwo muss diese Energie hin. Ich bin der Überzeugung, dass gerade das Zeigen dieser Verletzlichkeit und Sanftheit uns zur Frau macht. Dadurch erschaffen wir einen Raum und eine Quelle aus der so viel entstehen kann. Erst wenn unser Innerstes mit Liebe genährt ist, können wir auch mit Stärke handeln.

Ich bin so froh, dass ich meine Weiblichkeit und mein Frau sein in den letzten Jahren so lieben gelernt habe. Ja, ich bin als Frau hier und möchte das auch voll und ganz sein. Ich will ein Zyklus leben, ich will emotional und verletzlich sein können. Ich will lustvoll geniessen können ohne Anstrengung. Ich liebe das Schaukeln der natürlichen Brust. Dieses auf und ab. So wie das Leben selbst auch. Ich liebe es meine Kurven im Spiegel betrachten zu dürfen oder diese auf Fotos sehen zu können. Ich will mich zeigen, weil ich bin wie ich bin und es Nichts an mir zu verstecken gibt. Mein Körper mit all seinen Kurven, Dellen und Narben zeigt mir mein Leben, meine Vergangenheit, meine Wunden und Verletzungen, aber auch meine wunderschönen Momente auf. Ich will durch mein Sein inspirieren ohne Kraftaufwand. Es soll einfach entstehen dürfen. Ich fühle mich als Frau, weil ich genau diesen Körper habe, den ich lieben und wertschätzen darf. Mit dem ich meine Zeit hier auf Erden verbringen darf. Er ist sanft und weich und wird sich auch immer verändern und genau das ist das Schöne. Das Leben ist ja nichts anderes als ständige Veränderung – und sich darauf einzulassen lohnt sich so sehr.

Ich hoffe so sehr, dass die Frauen von heute wieder lernen ihre Weiblichkeit anzunehmen und wertzuschätzen, dass sie ihren Körper einfach lieben, sich dabei nicht an anderen messen, sondern ganz bei sich bleiben.

Ich wünsche mir, dass wir wieder erkennen, was real und natürlich ist, und uns nicht von künstlichen Bildern irritieren lassen. Dass wir nicht immer jung und 20 sein wollen, sondern die Erfahrungen, die wir im Alter mit uns tragen wertschätzen und als unsere Geschenke annehmen dürfen. Irgendwann wird uns das Leben einholen, egal ob mit oder ohne Silikon. Die Schwerkraft kommt über uns. Auch Falten werden irgendwann ein Teil von uns, auch wenn wir uns die Gesichter aufblasen lassen. Denk daran, all dies ist nur Fassade! Was versteckt sich wirklich dahinter? Du bist dahinter, vergiss das nicht. Und du bist so wertvoll. Irgendwann darfst du dich dir selbst stellen oder das Leben wird dich dazu zwingen, in welcher Art auch immer. Lerne zu schätzen, was du hast und wer du bist. Lerne dankbar zu sein für das körperliche zu Hause, das dir geschenkt wurde und einfach funktioniert. Lerne den Körper zu lieben, wertzuschätzen und auf ihn zu hören. Solange wir einen Kampf mit ihm führen und ihn als Vorzeige benutzen, um das was im Innern abläuft zu verstecken, solange werden wir uns nie ganz fühlen. Dann ist es, als ob wir gefangen wären in einem Käfig aus Gold. Am Ende wird sich das kalt und einsam anfühlen, weil nicht einmal du selbst dich in Liebe umarmen kannst. Lass das Leben nicht an deinem goldenen Käfig vorbei ziehen, sondern hab den Mut, die Türe zu öffnen und dich zu zeigen.

Beitragsfoto von Patrick Hoerdt

 

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